Mittwoch, 29. September 2010

Lieblingsmotive an kalten Frühlingsmorgenden

Dieser Post hat zwar wenig informativen Wert, aber so sieht es aus wenn ich mich morgens, nachdem ich das zweite Frühstück für die Kinder vorbereitet habe, auf dem Campo der Schule umsehe; Die Sonne strahlt zwar schon morgens kräftig warm vom fast immer wolkenfreien Himmel, aber nachts gehen die Temperaturen noch oft unter null Grad. Mit meiner Spiegelreflex erwische ich dann genau den Zeitpunkt, zu dem sich der feine Raureif auf Grashalmen und Blüten in glitzernde Wassertropfen verwandelt, aber noch nicht verdunstet ist, und die ganze Luft vom Duft der Apfelblüte erfüllt wird. 
Klingt immerhin fast so schön wie es wirklich ist ;) 
Bis bald, dann vielleicht ein Bericht von meiner ersten Deutschstunde diesen Freitag.
"Torín" out.

Dienstag, 28. September 2010

"Rey Sol"


links; Cabana für Touris -  rechts; Hostel und Wohnhaus der Familie, zweiter Stock: alles meins =)
Mein aktuelles Zuhause; das Hostel Rey Sol in Lago Puelo. Von Ghila und Danilo in nur einem Jahr erbaut, ist es ein kleines Paradies. Hängematten unter Südbuchen, Fluss zum Baden, Grillplatz, PingPong, vier Hunde, zwei Pferde, Meditationshaus (noch unfertig, siehe Bild unten), Internetflat (sonst wäre dieser Blog kaum möglich^^) und allem was man sich so wünscht. Zu essen gibt es zwar nur Beilagen, aber das ist gut fürs Karma und gesund.


Seit drei Wochen bin ich schon hier, ausziehen muss ich sobald die Touris kommen. Hoffentlich nicht so bald.
Einziger Nachteil; wo ich ja sowieso schon im nirgendwo bin, ist das hier sozusagen der "Arsch des Arschs der Welt". Wenn ich nach getaner Arbeit nach Hause will fahre ich entweder eine Dreiviertelstunde Bus (für 10 km!) oder trampe, wobei ich auch noch umsteigen, "umtrampen" oder wie man das auch nennen mag, muss, sp aber tagtäglich auf zwei bis drei crazy neue Leute aus der Umgebung treffe.

"Estrella" vor dem noch unfertigen Meditationshaus

Mittwoch, 22. September 2010

Argentinischer Grundwortschatz 101; Das Auto


Ein Auto, "el auto", ist ein Fahrzeug mit mindestens drei Rädern, gebaut um etwa 1970, bei dem außer der Tankanzeige jegliche Armaturen ausschließlich Schmuckfunktion besitzen (was eine Unterstellung vorsetzlicher Geschwindigkeitsübertretung unmöglich macht). Multipliziert man die Anzahl der Sitze mit drei, so erhält man die zulässige Anzahl an Mitfahrern. El Auto ist nicht zu verwechseln mit "el coche", wie mancher Spanier sein Auto nennt. Mit dieser Art von Auto, dem spanischen also, sind hier auch die von Pferden gezogenen Gipsy-Karren gemeint. 
"El auto" ist in Argentinien weniger als Konsumgut, denn als Investition anzusehen. 
In diesem Kontext erscheint ein Preis von etwa 4000 Euro für die beiden oben abgebildeten Schmuckstücke auch gerechtfertigt, denn ab seinem zehnten Geburtstag ist es für "el auto" kaum noch möglich, weiter an Wert zu verlieren. Und ähnlich wie bei Spanischen Immobilien vertraut man hier darauf, die charismatischen Stahlhaufen aus vergangenen Jahrhunderten nach einigen tausend Kilometern über dem Kaufpreis wieder abzustoßen. Man kann nur hoffen, dass diese Gebrauchtwagenblase nicht allzu bald platzt. Es würde so manchen Argentinier den Großteil seines Vermögens kosten. Aber darüber macht man sich hier schon der Tradition halber keine Gedanken.

Dienstag, 21. September 2010

La Escuelita

Hauptgebäude der "Escuelita"
Frühlingsstimmung in der Escuela Crisol Micael... Sechs Klassen mit insgesamt 52 Estudiantes werden hier tagein, tagaus von ihren engagierten Maestros begleitet. Die für deutsche Verhältnisse absolut anarchistische Stimmung in manchen Stunden wird von den Lehrern mit argentinischer Gelassenheit aufgenommen, auch wenn manchmal nur Punkt zwei von zehn der für die Stunde vorgesehenen Aufgaben erreicht wird. Auf eine echte Probe wird die Geduld erst in den wöchentlichen Reuniones, den Konferenzen der Lehrer, gestellt, in denen jeder einfach jedes Thema zur Sprache bringt, um sich, dem demokratischen Geist der Schule verpflichtet fühlend, dann auch zu jedem Thema ausgiebig zu äußern. Entscheidungsfindung; zweitrangig. Sofern wenigstens zwei Drittel der Eltern inzwischen das Schulgeld bezahlt haben, gibt es am Ende dann auch sowas wie ein Gehalt.
Und trotzdem gibt diese Schule mit all ihren großen Zielen, hohen Idealen und minimalen Mitteln für deren Verwirklichung ein Bild ab, das ein erstaunliches Vertrauen und große Zuversicht in die Art weckt, in der sich hier Lehrer und Schüler begegnen.

Jardin Infantes, der Kindergarten


Salón des Cuarto Grado

Der "Sportplatz", davor Wachhündin "Romulus"

La Primavera

Morgendliches Geknipse mit der DSLR =)

Sonntag, 19. September 2010

Cerro Negro, Steak und Flores

Lago Puelo, Heute, 13:00
Gerade noch rechtzeitig aufgestanden um einen Sonntagstrip zu unternehmen =)
Mit dabei; The Israeli Guy (Name; unausschreiblich), wie jeder Israeli Guy nach drei Jahren Pflicht-Army auf Drogen und Natur aus. Von ihm bekommt man schon zum Frühstück einen Joint angeboten, die LSD ist immer dabei um im richtigen Moment bei einem Panoramablick, der es wert sei, eingesetzt zu werden.

The Israeli Guy, mal nur mit Apfel

Wir kraxeln also los, leider ohne Sonne heute und erreichen den Vorgipfel des Cerro Negro gegen 15:00. Nach längerem erfolglosen Suchen nach dem perfekten Song für den durchaus perfekten Blick auf den Lago Puelo wieder Abstieg. Anschließend das ganze Hostel wahrscheinlich für Wochen mit dem Duft des 500-Gramm-Rindsteaks eingeräuchert, "flores" und William Orbit zum Ausklang des Tages...






      


"El Piltriquitron"


Auf der einen Seite Bolsons beginnen die Anden, auf der anderen Seite liegt das eigentliche Abenteuer; der Piltriquitron, immerhin 2260 m hoch und zu dieser Jahreszeit noch mit reichlich Schnee gesegnet, einer der beliebtesten und gefährlichsten Paragliding-Spots und Backcountryskiing-Gebiete der Welt.


Letztes Wochenende war es soweit. Der Piltri sollte bezwungen werden. So aufregend wars dann zwar nicht, aber für ein paar atemberaubende Panoramablicke und Sprünge in metertiefen Schnee hat es sich am Ende doch gelohnt, 1500 Höhenmeter zu überwinden. Mit dabei Jan, der erste Deutsche Freiwillige in meiner Einrichtung, dazu argentinische Freundin(Name; unaussprechlich) und chilenische Mitbewohnerin(Name; unwichtig).


























El "Piltri"


"Vamos, Boludo" =)

Los Andes


Nieeeeeve! [Schnee :P]

Die ersten zwei Wochen...

Escuela Crisol Michael, El Bolson, Dienstag 14.09.2010

Ich bin seit 2 Wochen in diesem Land, und so langsam wird mir klar, dass ich kaum eine Ahnung von diesen Menschen hier und ihrer Denkweise und Lebenslogik habe. Ich fühle mich noch nicht mal halb so schlau wie vor meiner Ankunft, und was oberflächlich doch sehr europäisch aussieht, lässt nur erahnen dass es doch viel grundsätzlich anderes verborgen hält. Aber dazu später mehr…

Die Schule an der ich arbeite, Escuela Waldorf Crisol de Micael, ist ein zusammengewürfeltes Chaos aus rundlichen, im Hobbitstil erbauten Lehmhütten, einem Hauptgebäude mit vier Klassenzimmern, einer Küche und der, nennen wir sie Lehrerkammer auf dem Dachboden, sowie einem noch im Bau befindlichen Holzhaus, das ich vielleicht einmal beziehen werde. Erkennbar auf den ersten Blick als eine Waldorfschule, gibt man sich dort auch redlich Mühe eine zu sein.

Um 8:45 wird der Morgenkreis gebildet, tief eingeatmet und alle Kinder schmettern händchenhaltend ein Begrüßungslied. Während des Hauptunterrichts bereite ich das von den Eltern mitgebrachte Brot und die Früchte für die Merienda, das zweite Frühstück, vor. Es folgt El Recreo, die Pause, in der ich eine Stunde lang über das ziemlich große und verwilderte Schulgelände laufe und den Kindern beim unbeabsichtigten Zerstören von Bäumen, Mitschülern und sich selbst, beim in den Bach fallen und anderen Dingen die Kinder so tun, zuschaue und eingreife sobald Lebensgefahr besteht. Im Idealfall aber noch bevor Tränen fließen =)

Im Sportunterricht helfe ich einer wenig durchsetzungswilligen Lehrerin pubertierende Sechstklässler zu Spiel, Spaß und Bothmergymnastik zu animieren, was nicht immer einfach ist. Nachmittags findet zweimal in der Woche Gartenbauunterricht statt, wo ich auch dabei bin.

Vertretungsstunden, oder eher Minuten, von denen ich bisher erst zwei füllen musste, nutze ich gerne für eine desillusionierende Geografie-Stunde (Nein, Deutschland liegt nicht im Norden Argentiniens eingeschlossen).

Ganz unverhofft habe ich Aussichten auf den Posten eines zeitweiligen Englischlehrers bekommen; Die Vorgängerin hat soeben per SMS mitgeteilt, sie hätte keine Lust mehr… Eine Hürde dafür ist noch mein Spanisch, was sich aber von Tag zu Tag verbessert. Deutschstunden kann ich, sobald ich mir das zutraue, in etwa 2 Wochen, am Nachmittag anbieten. Der vorige Freiwillige hat mir einen buntgemischten Kurs von sechs Schülern hinterlassen die bereits auf eine Fortsetzung warten...

"El Campo"

"El Campo", 20 km de El Bolson, 01.09.2010
Ich beginne den Tag um 14:00 damit, den Campo von Claudia und Klaus, meiner deutschen Mentoren und ebenfalls Schuleltern, zu besichtigen. Außerhalb der Stadt haben sie die Freiheit gefunden für die sie nach Patagonien gekommen sind. Die Policia muss draußen bleiben, sagt Klaus stolz, höchsten die Paramilitärs, die "Gendarmeria", könnten hier rein. Die werden in Argentinien eingesetzt wenn es dringlichere Dinge zu erledigen gibt. Ich frage mich schon was mich auf diesem Campo erwartet... Aber außer einer enormen Sammlung leerer Weinflaschen (wie einsam wird es hier draußen denn??!), einem beachtlichen Vorrat an Bauholz und Maschinen, von Unimog bis John Deere für mehr, ein gemütliches Haus mit verglastem Dach zur Betrachtung des besonders sternreichen patagonischen Sternenhimmels nur die übliche, berauschende Wildnis.

Te quiero, Patagonia

San Carlos de Bariloche, 31.08.2010, 17:40
Nach über 27h Nacht, Wolken und tristen Terminals senkt sich der Flieger über Patagonien endlich dem Boden entgegen, die Wolken reißen auf, und es empfangen mich mit Neuschnee bedeckte Wüsten, Mondlandschaften und Kraterseen. Am Horizont ragen schneeweiß und scheinbar unüberwindbar die Anden auf. Als ich aus dem Flugzeug steige empfängt mich der Geruch von in der Sonne schmelzendem Schnee und ein tiefblauer Himmel.


Ich liebe Dich, Patagonien... Jetzt schon.


In San Carlos de Bariloche ist jedes zweite Gepäckstück auf dem Band ein Snowboard, ich verabschiede mich vom Brazil Snowboard Team das ich im vorigen Flug ab Sao Paulo kenngelernt habe, und nicht mal die Tatsache, das mein Gepäck in Buenos Aires liegengeblieben ist kann meine Stimmung drücken.
Im Terminal wartet Martin, ein Schulvater, und erstmal gehts mit dem Allrad hoch an den Rand des Skigebiets um einen Panoramablick über die Seenlandschaft Rio Negros einzufangen.


Nach Pizza und patagonischem Bier gehts in tiefer Nacht zur Familie meiner Mentorin nahe El Bolson, eine zweistündige Fahrt, auf der mich erst metertiefe Schlaglöcher fünf Minuten vor Ankunft wieder wecken. Zehn Minuten später falle ich tot ins Bett.