Mittwoch, 27. April 2011

La Escuelita - Das Schülchen

Es ist höchste Zeit einmal wieder aus dem Schulalltag, dem eigentlichen Grund meines Hierseins, zu berichten. Man kann schon sagen, dass sich an der Struktur der Schule und damit auch an meinen Arbeitsumständen einiges geändert hat, und damit mein Jahr hier gleichsam zweiteilt.  Jetzt ist knapp die Hälfte der 85 Schüler weg, drei Klassenlehrer und zwei Fachlehrer sind gegangen, und nur eine neue Lehrerin hinzugekommen. Die ehemalige fünfte Klasse ist ganz verschwunden, und die vierte besteht nur noch aus leidlichen drei bis vier Kindern und wird gleichzeitig von der Sportlehrerin unterrichtet. Es war der einzige große Makel, den die zwei Waldorfgurus die uns vor einigen Wochen besuchten, feststellten; die Schule ist zu klein – viel zu klein. Warum es sie überhaupt noch gebe, dass verstünden sie wirklich nicht. Man mag es vielleicht auf den Kreis der Familien zurückführen, der sich zwar auch verkleinert hat, aber enger zusammengewachsen ist und noch mehr Arbeiten und Verantwortung in der Schule übernimmt als früher. Das monatliche Schulgeld wurde von 290 auf 400 Pesos monatlich angehoben, was mit +40% zwar etwa der Inflation entspricht, jedoch trotzdem ein großer Schritt ist, besonders für Eltern deren festes Einkommen nicht parallel zur Inflation steigt, weil sie gar nicht über ein solches verfügen. Probleme, vor allem finanzielle, gibt es daher trotzdem genug; so ist schon im zweiten Monat des Schuljahrs beinahe die Hälfte der Familien mit ihren Beiträgen im Verzug.

Mein Deutschunterricht hat sich nach außerhalb der Schule verlagert, wo ich nun drei Schüler am Nachmittag unterrichte. In der fünften Klasse unterrichte ich weiter Zeichnen und Malen, im Moment arbeite ich daran, den Kindern durch verschiedene Motive ein Gefühl für Perspektive und die Darstellung von Entfernungen in Bildern zu geben. In der fünften Klasse tritt noch einmal der Umgang mit den Farben in den Vordergrund, bevor in der sechsten Klasse erstmals in schwarz-weiß gezeichnet wird.
Im Gartenbauunterricht habe ich mit der fünften Klasse  ein Erdbeerbeet aus Ablegern angelegt und davor umgegraben, ansonsten in den meisten Stunden geerntet was es so zu ernten gab; Nüsse, Pflaumen, Quitten, Minze, Topinambur, Mais, Kartoffeln. Mit der vierten Klasse behandele ich den gesamten Zyklus des Getreideanbaus bis zur Verarbeitung. Schnitt, Dreschen, Mahlen und in der nächsten Stunde dann Brotbacken gehören dazu.
Mit den zwei Schülern der zweiten Klasse werde ich in einer Woche ein kleines eigenes Geografieprojekt beginnen; das Modellieren einer Landschaft zur Verinnerlichung des Wasserzyklus. 

Da es auf absehbare Zeit nicht zu einem Ansturm an neuen Schülern kommen wird, kann ich vorerst auch mein liebgewonnenes Hobbitlehmhaus behalten, dass ich mir langsam ein bisschen gemütlicher einrichte. Meine kleine weiße Katze ist schon nicht mehr ganz so klein, mein Motorrad nicht mehr ganz so neu (knapp 10.000 km) und mein Spanisch nicht mehr allzu schlecht. In Chile wurde ich auch nach einem kurzen Gespräch noch für einen Argentinier gehalten. Aber das ist eine andere Geschichte.
Im Patagonischen herbstet es derweil, die Tage und Wochen fliegen vorbei und ohne dass ich es gemerkt hätte sind mehr als zwei Drittel meiner Zeit hier schon verstrichen. 

Liebe Grüße aus der Ferne und bis bald,
Torín =)