Mittwoch, 22. Juni 2011

La buena vida

 
Seit gestern werden die Tage wieder länger, die Morgen heller, und die Nächte kürzer. Und doch scheint es jeden Tag kälter zu sein, im Schatten bleibt der Raureif der letzten Nacht den ganzen Tag über bestehen und die Berge rundherum werden weißer und weißer. Vor ein paar Wochen ist in weniger als 200 km Entfernung auf viertausend Metern Länge ein Vulkan aufgebrochen, hat die nächstgrößte Stadt Bariloche unter einer Aschedecke begraben und auch hier für einige Nachmittage den Himmel schmutzig grau-braun gefärbt, die feinen Asche und Sandkörnchen die auch hier langsam zu Boden sanken sind mittlerweile jedoch wieder verschwunden.
In der Schule geht alles seinen Lauf, die Lehrerin der fünften Klasse ist spontan nach Spanien abgeflogen und jetzt habe ich pro Woche 4 Stunden Unterricht mehr, aber da das meistens Spaß macht – gerne doch.
Dann sind da die Wochenenden, die ich manchmal oben auf irgendeinem Berg verbringe, durch bizarre sturmverwehte Landschaften aus Eiskristallen laufend, wenn ich nicht am Vorabend das zeit- und schlafraubende Ritual des Feierngehens absolviert habe, Tango, alternative Designerausstellungen, Konzerte oder Percussion-Trance, Reggae und Rock… Und dann helfe ich ab und an Klaus, mit dem Pickup fahren wir Holzschneiden und ein paar Holzdiebe verjagen, die sich auf sein Land geschlichen haben ohne sich die Reifen an den Nagelbrettern kaputtzufahren, die wir vor einer Woche gelegt haben. Alle zwei oder drei Tage schaue ich bei Jorge vorbei, der wohnt nebenan, und bestaune seine „Mädels“, wie er sie nennt, die scheinbar jedesmal ihre Größe verdoppeln und einen Haufen neuer dunkelgrüner Blätter haben.
Neben meinen zwei verzogenen Knirpsen habe ich nun noch drei weitere Deutschschüler, die sogar richtig motiviert sind und ständig mehr wissen wollen. Außerdem habe ich noch eine Englischschülerin bekommen.
Heute hat es mal wieder die Sonne geschafft richtig zu scheinen, ich liege in meiner Hängematte die direkt neben der in die Wand meiner Hobbithütte eingelassen Autoscheibe hängt, genieße die Wärme, genieße, mal wieder ein richtig gutes Buch zu lesen, ein Roman der in der Militärdiktatur Argentiniens spielt, und genieße vor allem, nichts zu tun. Nichts tun zu müssen. Ah verdammt doch. Ich muss noch diesen Film zurückbringen den ich vor zwei Tagen ausgeliehen habe. Nagut, dann kann ich gleich bei der Tanke vorbei und meinen Blog updaten.
Und dann muss ich nur noch schauen das ich einfach so glücklich und ruhig bleibe wie ich gerade bin. Aber das war hier eigentlich nie schwierig.


Holzskulptur im "Bosque Tallado"
Abfahrt vom Piltri am letzten Herbsttag des Jahres

Wintermorgen im "Schulgarten"

Kolibri verirrte sich ins Klassenzimmer


Fußballplatz beim Refugio am Piltri, der Winter ist da


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Leicht verspätet. Es dämmert, und wir sind noch mitten in den Bergen

Sternenhimmel. Vor drei Stunden standen wir auf diesen Gipfeln

Eiskristalle zeigen die Windrichtung an

Auf dem Gipfel des Piltri, mit Jorgito
Rechts vorne; Mary Jane. Jorges "Mädels"

Die Menschen hier sind sehr talentierte Gärtner